Station: [116] Hans-Bernhard Vielstädte: Bronzestadtplan Wiedenbrück
Wiedenbrück am Ende des Dreißigjährigen Kriegs. Es ist das Jahr 1647, seit zwei Jahren verhandeln die Kriegsparteien in Münster und Osnabrück. Im Frühsommer belagern schwedische Truppen das kleine Wiedenbrück. Es ist nicht einfach, die Stadt einzunehmen. Schauen Sie genau hin: Sie ist rundum befestigt. Die Ems, die Wiedenbrück im Südosten erreicht, ist in die Befestigungsanlage integriert worden. Ein künstlich angelegtes Delta speist zwei Kanalsysteme, die die Stadt umrunden. Die Ems, die die Stadt südlich umfließt, und die künstlich geschaffene Umflut, die den nördlichen Weg nimmt. Im Nord-Westen vereinigen sich die beiden Gewässer und fließen weiter Richtung Rheda.
Doch damit nicht genug. Die Stadt ist auch von zwei hintereinandergelagerten Verteidigungsringen umgeben: Bastionen und Ravelins sind vom Wasser umgeben. Und hinter der sie verbindenden Mauer fließt ein weiterer Graben.
Bereits 20 Jahre zuvor, zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs, war Wiedenbrück belagert, eingenommen und kurzzeitig besetzt worden. Daraus hatte man gelernt und die Wasserbefestigungen verdoppelt, um die Geschütze potentieller Feinde im wahrsten Sinne des Wortes auf Abstand zu halten.
Das System funktioniert und 1647 können die Wiedenbrücker die Einnahme ihrer Stadt durch die schwedischen Truppen verhindern. Sie verhandeln eine ehrenhafte Kapitulation, die der Stadt Brandschatzung und Plünderung erspart und den Soldaten freies Geleit garantiert. Kaum sind die Schweden in der Stadt, verfügen sie die Schleifung der ausgeklügelten Festungsanlagen. Innerhalb weniger Wochen ist Wiedenbrück entfestigt, Bastionen, Ravelins und Stadtmauer abgebrochen.
Heute erinnern nur noch Straßennamen an die einstigen Wehranlagen: „Auf der Schanze“, „Ostenwall“, „Nonnenwall“, „Ägidienwall“ „Mühlenwall“, „Lohwall“ oder „Neupförtner Wall“. Und entlang des künstlich angelegten Seitenarms der Ems, der Umflut, führt heute eine Fahrradstraße um die frühere Innenstadt herum.
Ungehindert von Wällen und Gräben ist die Stadt seit 1647 um ein Vielfaches gewachsen.
Das Stadt- und Kunstmuseum Rheda-Wiedenbrück, heute durchaus im Stadtzentrum gelegen, hätte sich damals außerhalb des einst befestigten Rings befunden, etwa dort, wo die Arme des künstlichen Deltas die Stadt umgreifen. Im Museum in der Hoetger-Gasse 1 erwartet Sie auch der ältere und farbig gefasste Bruder dieses bronzenen Stadtmodells: Die Ansicht der Stadt im Zustand von ca. 1630 – also vor dem Ausbau der Wehranlagen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.
Alle Abbildungen : Torsten Nienaber, © Wiedenbrücker Schule Museum