Station: [18] Der Maler Ernst Christian Walcha
Christina:
Ich hab Hühnersuppe gekocht, Ernst Christian. Die wird dir guttun.
Walcha:
ich hab keinen Hunger.
Christina:
Das sagst du immer und dann isst du trotzdem was.
Walcha:
Weil du ja sonst keine Ruhe gibst.
Christina:
Du würdest verhungern, wenn ich mich nicht um dich kümmere.
Walcha:
So schnell verhungert man nicht! Und Hühnersuppe – mitten in der Woche! Ein Maggi-Würfel hätte es doch auch getan!
Christina:
Komm jetzt essen. Wird doch alles kalt!
Walcha:
Gleich. Bin gleich fertig.
Christina:
Fertig bist du doch nie. Kaum ist ein Bild fertig, kommt schon das nächste dran. Wenn du wenigstens ordentlich was verlangen würdest für deine Bilder. In Saus und Braus könntest du leben.
Walcha:
Die Leute haben kein Geld für Bilder.
Christina:
Sag das nicht. Manche haben schon genug. Aber du verschenkst ja lieber alles.
Walcha:
Ist doch gar nicht wahr.
Christina:
Na, wenn fünfzehn Mark für ein Bild von dir nicht verschenkt ist, weiß ich ja nicht. Und wenn du die Leute immer fragst, was sie geben wollen, statt einen Preis zu fordern, brauchst man sich sowieso nicht zu wundern. Dabei nennen sie dich „Meister des Aquarells“, bist ein richtig studierter Maler! Glaub mir, die Leute wissen deine Arbeit zu schätzen und würden ganz sicher mehr geben, wenn du nur wolltest.
Walcha:
Wozu denn, Christina? Ich brauch´ nicht mehr. Solange es für Farben und Leinwand reicht, ist´s doch genug.
Christina:
Und für dein Fläschchen Bier am Tag. Ich glaube, das ist der einzige Luxus, den du dir gönnst im Leben.
Walcha:
Du bist mein Luxus, Christina, den ich mir gönne!
Christina:
Das ich nicht lache. Und warum heiratest du mich dann nicht?
Walcha:
Was würde das denn ändern? Wir gehören doch auch so zusammen.
Christina:
Aber nicht für die Leute! Die glauben, ich sei nur deine Haushälterin.
Ich glaube, die trauen dir gar nicht mehr zu. Wenn die wüssten…
Walcha:
Und das stört dich? Was gehen uns die Leute an? Was meinst du, wie viele verheiratet sind und sich nicht ausstehen können? Die immerzu nur streiten und sich das Leben schwer machen? Haben wir uns dagegen schon einmal gestritten?
Christina:
Mit dir kann man doch gar nicht streiten. Du gibst ja immer gleich nach.
Walcha:
Ist dir das vielleicht nicht recht?
Christina:
Du könntest schon das eine oder andere Mal ein bisschen mehr an dich selbst denken, Ernst Christian. Nicht immer nur an deine Kunst, das Malen…
Walcha:
Aber es lohnt doch, alles, was uns umgibt, mit Pinsel und Farben einzufangen: den Frühling, wenn alles grünt und blüht oder den Winter bei Eis und Schnee, wenn man die Kälte förmlich sehen kann…
Christina:
… auf jeden Fall die getauten Eiskristalle auf deinen Leinwänden, die du draußen bemalst.
Ach, Ernst Christian, wie viele gehen so achtlos durch die Natur und bemerken ihre Schönheit gar nicht.
Walcha:
Aber umso wichtiger ist es doch, sie in Bildern festzuhalten!
Christina:
Du bist und bleibst ein Träumer. Aber gerade deshalb mag ich dich ja so und ich glaube die Leute auch!
Und nun geh schon. Ich merk doch, wie´s dich wieder hinaus zieht an deine geliebte Elbe mit ihren Kähnen, die entlang schippern. Und vergiss den Kaffeepott nicht mit zu nehm`.
Er wird sich nicht mehr ändern. Ist aber auch gut so!