Station: [4] Büffetschrank der Familie Gutmann
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Gleich hier, eine Straßenecke weiter, betrieben Isak Gutmann und seine Frau Lina ein Textil- und Aussteuergeschäft. In ihrem Wohnzimmer stand dieser aufwändig geschnitzte Schrank im altdeutschen Stil, den sie bei einer renommierten Stuttgarter Möbelmanufaktur erworben hatten – ein gutbürgerliches Stück, das damals eigentlich in jedem Creglinger Haushalt hätte stehen können.
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Familie Gutmann richtete sich also nicht anders ein als ihre christlichen Nachbarn… und störte sich auch nicht daran, dass ein pausbäckiges Engelchen den oberen Abschluss ihres Schrankes schmückte. An alltäglichen Dingen wie dem Einrichtungsgeschmack lässt sich ablesen, wie sehr die jüdischen Familien in der deutschen Gesellschaft verwurzelt waren – nicht nur in Creglingen.
Doch 1939 mussten die Gutmanns Deutschland verlassen und überließen den Schrank ihren christlichen Nachbarn. Hermann, der Neffe von Isak und Lina Gutmann, erinnert sich später:
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„Es hat viele deutsche Juden gegeben, die haben sich mehr deutsch gefühlt als jüdisch. […] Aber Hitler hat sie daran erinnert, dass sie Juden sind. So sind viele Juden, die sich vorher wirklich nie als Juden gefühlt haben, zum Judentum zurückgekehrt.“
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Nach Familie Gutmanns Flucht stand der Schrank jahrzehntelang im Haushalt von Wilhelmine Oppelt. Sie vermachte ihn an ihrem Lebensende der Stiftung Jüdisches Museum Creglingen.
Wenn Sie sich nun umwenden, stellen wir Ihnen vier Einrichtungen der jüdischen Gemeinde vor: Auf dem langen Mitteltisch informieren wir Sie über den Friedhof, die Mikwe und über die Schule und Synagoge der jüdischen Gemeinde.
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Zitat Hermann Gutmann: Naser, S. 175.
Foto: © Martin Heuwinkel