Station: [18] Sklaven sind nicht gleich Sklaven


Darf ich mich vorstellen?

Mein Name ist Polybius. Ich bin ein Sklave.

Ursprünglich stamme ich aus Griechenland, doch seit nunmehr acht Jahren gehöre ich meinem Herrn – und lebe hier in dieser prachtvollen Palast-Villa.

Es klingt vielleicht komisch, aber: Ich habe es gar nicht so schlecht getroffen! Anderen Sklaven ergeht es deutlich schlechter. Zum Beispiel, wenn sie als Ruderer auf den römischen Galeeren landen. Ich dagegen darf als Hauslehrer die Kinder meines Herrn unterrichten – und als sein Vertrauter genieße ich jede Menge Freiheiten.

Dass ich ein Sklave bin, sieht man mir auf den ersten Blick nicht unbedingt an. Nur die Kette um meinen Hals, mit dem Namen meines Herrn darauf, verrät mich. Natürlich träume ich davon, einmal freigelassen zu werden. Dann würde ich das römische Bürgerrecht erhalten und könnte als freier Mensch leben. Womöglich könnte ich weiterhin hier in der Villa leben und arbeiten.

Das ist das Besondere an den Römern: Wer das römische Bürgerrecht erlangt, wird ganz selbstverständlich in die Gesellschaft integriert. In meiner Heimat Griechenland ist dies anders: Dort bleibt ein Sklave in der öffentlichen Wahrnehmung immer ein Sklave – sozial, politisch und rechtlich ausgegrenzt.

Im Römischen Imperium dagegen kann man selbst als Unfreier zu Einfluss kommen und sich im alltäglichen Leben sogar wie ein römischer Bürger bewegen. Viele Mediziner, Baumeister und Philosophie-Lehrer waren oder sind unfrei. Viele hatten ihre Heimat in Griechenland.

Ich selbst bin auch so ein Privilegierter, mein Herr schmückt sich gerne mit meinem Wissen und meiner Bildung. Wenn er beispielsweise Gäste empfängt, dann rezitiere ich zur Unterhaltung schon mal Verse von Vergil oder Horaz, gebe Episoden aus den Tragödien von Euripides zum Besten oder beteiligte mich an der gepflegten Konversation. Natürlich nur auf Wunsch meiner Herrschaft!

Mir ist schon klar, meine gehobene Stellung hier im Haus ist eine Ausnahme. Die anderen Sklaven haben es nicht ganz so gut wie ich. Zum Beispiel diejenigen, die die Fußbodenheizung unter dem Empfangsraum mit dem Gladiatorenmosaik bedienen müssen. Ein Knochenjob, denn die Temperatur muss konstant hochgehalten werden und die Blasebälge erfordern viel Kraft!

Überhaupt beschäftigt mein Herr hier jede Menge Sklaven. Zum einen natürlich, weil er sie für den Haushalt braucht. Zum anderen aber auch als Statussymbol, denn Sklaven und deren Unterhalt muss man sich leisten können … Manchmal frage ich mich, ob die Römer ohne uns Sklaven wohl so mächtig hätten werden können? Schließlich sind wir überall im Einsatz – im Bergbau, auf den Feldern, in den Manufakturen, in der Verwaltung, im Haus, beim Haus- und Straßenbau oder als Gladiatoren in den Arenen des Imperiums.

Es gibt aber Tage, an denen sind alle Menschen gleich. Während der Saturnalien zum Beispiel, vom 17. bis 23. Dezember. Man beschenkt sich gegenseitig mit Kerzen und tönernen Puppen – und manch einer von uns bekommt sogar seine Freiheit geschenkt. Die „Matronalien“ am 1. März setzen noch einen drauf. Dann kehren sich die Besitzverhältnisse für einen Tag um: Die Herren müssen ihre Sklaven bedienen.

Aber wie man es auch dreht und wendet: ein Sklave bleibt ein Sklave.