Literarisches Museum Badenweiler "Tschechow-Salon"
Fast sämtlich bekannten Portraitfotos von Tschechow seit seiner Jugend bis zum letzten Foto vor seinem Tod sind hier dargestellt. Die Monitorwand bringt sechs Interviews zur Bedeutung Tschechows als Dramatiker der Weltliteratur und zu den aktuellen Entwicklungen und Problemen bei Tschechow-Inszenierungen.
Seit der weltweit ersten Errichtung eines Denkmals für Tschechow im Jahre 1908 am Burgberg Badenweilers, dem schönsten Panoramablick des Heilbades, verbindet eine nur durch das Dritte Reich unterbrochene Kulturbeziehung den Kurort mit Russland. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Gedenkkultur für Anton Tschechow im Kurort mitten im Kalten Krieg, 1954, wiederbelebt und seither kontinuierlich entwickelt. 1985, 1994 und 2004 fanden in Badenweiler die weltweit größten wissenschaftlichen Symposien zu Tschechow im Kurort statt,organisiert von den Literaturwissenschaftlern der Universität Tübingen, 1998 wurde das erste Literarische Museum "Tschechow-Salon" begründet, 2002 wurde die Kulturpartnerschaft mit Tschechows Geburtsstadt, der südrussischen Hafenstadt Taganrog unterzeichnet, 2009 wurde in Badenweiler die Deutsche Tschechow-Gesellschaft e.V. begründet, 2015 zog das Museum vom Kurhaus ins zentrale Rathaus am Tschechow-Platz um. Seit 1999 betreibt das Internationale Literaturforum Badenweiler als Veranstaltungsplattform des Museums ein intensives Veranstaltungs- und Begegnungsprogramm mit AutorInnen, Theatern, Universitäten, Museen, Bibliotheken aus Deutschland, Russland, der Ukraine, den meisten westeuropäischen Ländern und den USA.
Konstantin Stanislawski ((17.1.1863-7.8.1937) Die Bedeutung Stanislavskijs (wiss. Transliterierung) bzw. Stanislawskis (= Dudentrankription) (17.1.1863-7.8.1937) ist für Badenweiler und Deutschland noch nicht hinreichend bekannt und beschrieben worden. Stanislawski ist der Künstlername, sein eigentlicher Familienname ist Alexejew. Stanislawski gilt in Ost und West als der bedeutendste Regisseur Russlands zu Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts sowie als Begründer einer neuen naturalistisch-atmosphärischen Inszenierungspraxis, die vor allem auf künstlerische Authentizität und feine Nuancen inneren Erlebens abzielt, die dem Zuschauer die Illusion wahrhaftigen Geschehens und der Realität vermittelt. Zeitgenossen hielten Stanislawski für „genial“ und Wsewolod Meyerchold, einer seiner berühmtesten Schüler, der dann aber andere Wege ging, nannte ihn noch nach der Trennung von seinem Lehrer ein „Meister vom Format eines Michel-Angelo“. Auch als Schauspieler galt er als einer der bedeutendsten Künstler Russlands. Zusammen mit Wassili Nemirowitsch-Dantschenko (1858-1943) gründete Stanislawski 1897 das „Moskauer Künstlertheater“, das später zum „Moskauer Akademischen Künstlertheater“ wurde und bis heute Weltruhm besitzt. Dieses Theater machte unter S. als künstlerischen Leiter, Tschechow ab der Aufführung der Komödie „Die Möwe“ 1898 zum Dramatiker der Weltliteratur und begründete die Theaterkunst der Moderne. Sein „System“ bzw. Aufführungstheorien sind heute noch Grundbestand jeder Schauspielakademie. Stanislawski verbrachte zwischen 1908 und 1932 über 13 Monate seines Lebens in Badenweiler. Josef Schwoerer, der Arzt Tschechows, wurde auch sein Hausarzt im Heilbad.
2004 wurde zum 100. Todesjahr Anton Tschechows der Platz vor seinem Sterbezimmer im ehemaligen Hotel Sommer, der jetzigen Rehabilitationsklinik Park Therme, mit seinem Namen bezeichnet. In der Mitte befindet sich ein Baumexemplar des gleichfalls in diesem Jahr gepflanzten "symbolischen Kirschgarten", der als Zeichen einer gutnachbarlichen Beziehung zwischen Russland und Deutschland und eines intensiven kulturellen Austauschs und gegenseitigen Verständnisses gesetzt wurde.
Das am 25.7.1908 als Geschenk Russlands feierlich unter Teilnahme von politischen und kulturellen Vertretern beider Länder eingeweihte erste Tschechow- Denkmal ist zugleich das erste Denkmal für einen russischen Schriftsteller außerhalb seines Heimatlandes. In den letzten Kriegsmonaten des Ersten Weltkrieges wurde es zur militärischen Edelmetallgewinnung eingeschmolzen. Die Bronzebarren vor dem Foto wiegen genau 40 kg, die durch das Einschmelzen damals gewonnen wurden.
Eine umlaufende Zeitschiene gibt von 1860 bis zur Gegenwart Informationen zu Politik, Kultur, Gesellschaft sowie den dargestellten Schriftstellerinnen und Schriftstellern. Ein Glanzstück des Museums ist die erste originalgetreue Kopie des einzigen Öl-Portraits, 1898 von Josip Bras in Nizza im Auftrag des russischen Sammlers Tretjakow gemalt. Die Kopie wurde auf Bitten des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker 1988 in der berühmten Tretjakow-Galerie erstellt. Kurz bevor Tschechow am 15.7.1904 um 3 Uhr morgens verstarb, reichte ihm sein Arzt, der Badenweilerer Hofrat und Badearzt Josef Schwoerer ein Glas Champagner, das der Schriftsteller mit Genuss austrank. Über diese symbolische Handlung wird noch heute in Fachkreisen diskutiert.