<< < Station: [6] Jugend in der DDR – Ein sozialistischer Lebenslauf
F: Der perfekte sozialistische Lebenslauf begann schon kurz nach der Geburt. Die Frauen in der DDR waren fast alle berufstätig. Daher sorgte der Staat für ein umfassendes Netz an Kinderbetreuung. Nicht ohne Hintergedanken. Denn von klein auf sollten die Kinder zu „sozialistischen Personen“ erzogen werden. Und wo funktioniert das besser als in staatlicher Obhut?
M: So gingen die Kinder zunächst in die Krippe, dann in den Kindergarten. Es folgten Schule und Nachmittagsbetreuung. Mit der Einschulung wurden die Schüler meist geschlossen bei den Jungen Pionieren aufgenommen. Später wurde man dann Mitglied der FDJ, der Freien Deutschen Jugend. Es war die einzige staatlich anerkannte und geförderte Jugendorganisation der DDR. Die Mitgliedschaft war zwar „freiwillig“, aber de facto wurde jeder automatisch Mitglied.
F: Welchen ideologischen Einfluss die SED-Führung auf Bildung und Erziehung nahm, kann man an dem Schulbuch unten in der Vitrine sehen. In der Mathe-Aufgabe für die Zweite Klasse heißt es:
M: Eine Kanone der Nationalen Volksarmee wird von fünf Soldaten bedient. Bei einem Übungsschießen sind sechs Kanonen eingesetzt. Wie viele Soldaten nehmen an der Schießübung teil?
F: Na, haben sie richtige Lösung? Was die Mathe-Aufgabe verdeutlicht: Militarisierung und Indoktrination begannen schon früh. Bemerkenswert sind auch die Übungshandgranaten. Im Sportunterricht wurde nicht nur geturnt oder Handball gespielt, man trainierte auch den Handgranaten-Weitwurf. Ab 1978 wurden Neuntklässler im Pflichtfach Wehrkunde unterrichtet. Dieses beinhaltete einen theoretischen Teil mit „Fragen der sozialistischen Landesverteidigung" und ein zweiwöchiges Wehrlager.
Foto: © DDR-Museum Pforzheim