Station: [302] Sühnezahlungen


Manche traditionellen Geldformen dienen insbesondere zur Tilgung von Bussen, oder als Opfergaben, als Lösegeld, für Strafzahlungen oder Abgaben. Die Geldkette Quiranda de Dongo (Nr. 42 und 43) ist dafür ein schönes Beispiel. Mit ihr bezahlt man neben Bussen oder Abgaben auch Beiträge an Geheimbünde. Auch bei uns besass Geld bis ins späte Mittelalter insbesondere die Funktion, dass man damit Sühnezahlungen und Abgaben leisten konnte. Der tägliche Handel hingegen wurde als Tausch von Ware gegen Ware oder Ware gegen Dienstleistung abgewickelt. Es gibt sogar die Theorie, dass die Münze zu diesem speziellen Zweck überhaupt erst entwickelt wurde. Da auch wir immer wieder mit dem Bezahlen von Steuern und Bussen konfrontiert sind, ist uns diese Art der Zahlung also gar nicht so fremd. Sühnezahlungen kennen wir in der Schweiz auch noch heute, da man hierzulande gewisse Verbrechen mit Tagsätzen von einer bestimmten Summe abgleichen kann, statt dafür eine Haftstrafe absitzen zu müssen. Allerdings gilt das in der Schweiz nur für relativ leichte Verbrechen. In anderen Kulturen hingegen kann man, so wie früher bei uns, auch schwere Delikte wie den Tod eines Menschen durch Zahlungen sühnen. Es spielt keine Rolle, ob dieser Tod durch einen Unfall oder absichtlich herbeigeführt wurde. Dabei ist natürlich allen Beteiligten bewusst, dass der Tod eines Menschen nicht durch eine Zahlung wieder gutgemacht werden kann. Mord oder Totschlag stellen eine immaterielle Schuld dar, für die eine Vergeltung schwierig ist. Sie darf aber nicht weiterbestehen, weil dadurch der Zusammenhalt der Gemeinschaft gefährdet würde. Deshalb muss sie auf rituelle Weise mit Hilfe einer Zahlung aufgehoben werden. Mit der Bezahlung des Sühnegeldes entschädigt der Täter nicht nur die Familie des Opfers, sondern die gesamte Gemeinschaft für den Verlust eines für sie notwendigen Mitgliedes. Gleichzeitig erhält er damit seinen Status als vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft zurück. In gewissen Teilen von Papua-Neuguinea dienen Schweine als Kompensation für den Tod eines Menschen. Dabei hängt der Preis auch vom sozialen Staus des Opfers ab: war dieser ein hoch angesehenes Mitglied der Gemeinschaft, dann ist der Preis höher als zum Beispiel bei einer Frau oder einem Kind.