<< < Station: [4] Das Ministerium für Staatssicherheit / 17. Juni 1953
M: Alles wissen, alles kontrollieren, alles lenken.
F: So könnte man die Arbeit des Ministeriums für Staatssicherheit zusammenfassen. Die Stasi unterstand direkt der SED – sie sollte „Schild und Schwert der Partei“ sein. „Firma Horch und Guck“, so wurde die Stasi dagegen im Volksmund genannt.
M: Die Stasi war militärisch organisiert und zentralistisch aufgebaut. Sie war Geheimdienst, Geheimpolizei und Ermittlungsbehörde in einem. Als Vorbild diente die sowjetische Geheimpolizei Tscheka. Man spionierte im Ausland, hauptsächlich aber im Inneren.
F: Wer von der Partei-Linie abwich, wurde wegen „staatsfeindlicher Umtriebe“ beobachtet oder verfolgt. Jegliche Form von Opposition sollte im Keim erstickt werden. So entwickelte sich die Stasi zu einem gigantischen Überwachungsapparat, der in alle Lebensbereiche eindrang.
M: Anfangs ging die Stasi sehr offensiv vor, hart und brutal. Die Methoden reichten von körperlicher Gewalt über willkürliche Verhaftungen bis hin zu Entführungen und Schauprozessen. Ab den 1970er-Jahren änderte sich jedoch das Vorgehen, was vor allem einen politischen Hintergrund hatte.
F: Die DDR strebte nach internationaler Anerkennung. 1975 hatte sie in Helsinki die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa unterzeichnet – und damit die darin garantierten Menschenrechte! Offene Verfolgung und Repression passten da schlecht ins Bild. Daher setzte die Stasi fortan auf leisere, subtilere Methoden, die aber nicht minder grausam waren.
M: Man ging dazu über, die Menschen gezielt zu manipulieren, zu isolieren und so allmählich zu zersetzen. Ein wichtiges Hilfsmittel waren hierbei die Informellen Mitarbeiter, kurz IM. Sie spionierten Familien aus, Freunde und Arbeitskollegen und erstatteten der Stasi Bericht.
F: Die Brutalität der Anfangszeit hing mit einem Ereignis zusammen, das für die SED-Führung – ja, man könnte sagen – traumatisierend war. Trotz aller Informationen, Spione und Spitzel – etwas hatte die Stasi nicht kommen sehen: den Arbeiteraufstand am 17. Juni 1953. Auslöser war ein Beschluss der SED-Parteiführung. Man wollte die Arbeitsnorm erhöhen, was einer Lohnkürzung gleichkam. Am 16. Juni fand in Berlin ein erster Protestmarsch statt.
M: Ausgerechnet die Bauarbeiter an der Stalin-Allee, dem Prestigeprojekt der SED, hatten die Arbeit niedergelegt. Aus dem Protestmarsch wurde ein Aufstand, der das ganze Land erfasste – und nahezu alle Bevölkerungsschichten. An vielen Orten wurde gestreikt und demonstriert oder örtliche Machtzentralen der SED gestürmt. Gefordert wurden der Rücktritt der Regierung und freie Wahlen.
F: Das Herrschaftssystem der SED stand kurz vor dem Zusammenbruch. Man rief das sowjetische Militär zur Hilfe, Panzer fuhren auf, das Kriegsrecht wurde verhängt, der Aufstand gewaltsam niedergeschlagen. Tausende Menschen kamen in Untersuchungshaft, mindestens 55 Menschen verloren nachweislich ihr Leben, einige davon wurden standrechtlich erschossen.
M: Für die SED-Führung stand nach dem 17. Juni eines fest: Nie wieder wollte man vom eigenen Volk derart überrascht werden. Und so wurde die Stasi zum wichtigsten Instrument der politischen Unterdrückung ausgebaut.
Foto: © DDR-Museum Pforzheim