<< < Station: [141] Hubert Hartmann: Wasserträgerin
Wasserträgerin:
So… jetzt noch schnell ein bisschen Wasser geholt, bevor es ans Essenmachen geht… Hups! Wer bist du denn? Und wie kommst du hier an den Brunnen?
Josef:
Nun ja, das ist… etwas schwer zu erklären. Also… ich bin Josef und ich bin Lehrjunge drüben in Wiedenbrück, in einer Tischlerwerkstatt. Bei Diedrichs und Knoche…
Wasserträgerin:
Ach, die kenne ich! Die haben doch kürzlich das neue Haus an der Rietberger Straße gebaut.
Josef:
Genau. Und hinten dran ist die Werkstatt. Aber die Werkstatt… ist keine Werkstatt mehr… sondern ein Museum!
Wasserträgerin:
Ein Museum? In Wiedenbrück? Seit wann gibt es denn das?
Josef:
Das ist es ja genau…. Ich glaube, wir sind nicht in unserer Zeit, sondern im 21. Jahrhundert gelandet.
Wasserträgerin:
Im 21. Jahrhundert? In über 100 Jahren?
Josef:
Ja, da gibt es keine Künstlerwerkstätten mehr und auch keine Brunnen, an denen man Wasser holt.
Wasserträgerin:
Keine Brunnen? Und woher bekommen die Menschen dann ihr Wasser?... im 21. Jahrhundert?
Josef:
Aus der Wand?
Wasserträgerin:
Na klar, aus der Wand!
Josef:
Ja, die Menschen haben Metallrohre in der Erde und in ihren Wänden und auf denen ist Druck und so transportieren sie ihr Wasser.
Wasserträgerin:
Ja, davon habe ich gehört. Die Reichen vielleicht. Aber doch nicht…
Josef:
Doch! Alle Menschen!
Wasserträgerin:
Und der Brunnen?
Josef:
Brunnen sind nur noch Schmuck… Und du auch!
Wasserträgerin:
Wie? Was? Ich auch.
Josef:
Frauen wie dich, die in Holzpantinen und Haube zum Brunnen gehen, die gibt es später nicht mehr.
Wasserträgerin:
Aber ich bin doch da!
Josef:
Aber nur als Schmuck. Damit sich die Leute im 21. Jahrhundert daran erinnern, wie es hier früher einmal war.
Wasserträgerin:
Ach, Unsinn! Ich hole jetzt mein Wasser, denn ich habe noch viel zu tun. Ich habe schon die Tiere gefüttert, die Kühe gemolken, Kartoffeln geerntet, dem Vater das Mittagessen aufs Feld gebracht und jetzt muss ich schnell mit dem Wasser nach Hause, die Stube wischen und eine kräftigende Suppe kochen. Damit alle etwas zur Stärkung haben, wenn sie vom Feld nach Hause kommen.
Mach’s gut, Kleiner!
Josef:
Ja, mach’s gut, Bauerstochter!
Alle Abbildungen : Torsten Nienaber, © Wiedenbrücker Schule Museum