<< < Station: [114] Hubert Hartmann: Gedenktafel Luise Hensel


Luise Hensel:

Hallo, da bist du ja wieder. Ja, du! Wir haben uns doch schon im Museum getroffen und etwas geplaudert. Erinnerst du dich nicht? Ich bin Luise Hensel, die Dichterin. Ich habe hier zwei Mal in Wiedenbrück gewohnt, einmal als ich jung war und dann 20 Jahre lang in einem Haus genau gegenüber…, da wo heute die Pizzeria ist. Die Adresse war… warte mal… die Adresse war: „Markt 9“. Aber leider ist das Haus abgerissen worden. Es war ein schönes Fachwerkhaus, wie es viele hier in Wiedenbrück gibt, und ich habe mich dort sehr wohlgefühlt.

Eigentlich komme ich ja aus einem Dorf in Brandenburg, wo mein Vater Pfarrer war. Leider ist er sehr früh gestorben, und dann bin ich in die große Stadt, nach Berlin gezogen. Ich war ein hübsches Mädchen und viele junge Männer waren in mich verliebt. Aber ich habe beschlossen, mein Leben Gott zu weihen. Ich habe nicht geheiratet und bin viel herumgezogen. Ich habe als Erzieherin gearbeitet, aber vor allem habe ich Gutes getan, armen oder kranken Menschen geholfen und mildtätige Vereine gegründet. So bin ich viel in Deutschland herumgekommen. Als mich meine Kräfte verließen, bin ich an den Ort zurückgekehrt, der mir in meinem ganzen Leben am besten gefallen hatte: nach Wiedenbrück.

Hier habe ich noch viele Jahre in stiller Ruhe gelebt und bin der Beschäftigung nachgegangen, die mich mein Leben lang mit Glück erfüllt hat: dem Dichten. Bestimmt kennst du mein berühmtestes Gedicht „Müde bin ich, geh zur Ruh“. Ich habe gehört, das sagen die Mamas und Papas ihren Kindern noch heute auf.

Müde bin ich geh zur Ruh‘

Schließe beide Augen zu

Vater, lass die Augen dein

Über meinem Bette sein.

Und so weiter, und so weiter. Stell dir vor, das habe ich schon im zarten Alter von 18 Jahren geschrieben… da war ich nur wenig älter als du heute.

Na ja, und als mein langes, tatenreiches Leben seinem Ende entgegenging, bin ich zu einer ehemaligen Schülerin und Freundin nach Paderborn gezogen… und dort dann auch gestorben. Aber meine Zeit in Wiedenbrück – die habe ich nie vergessen!

 

Alle Abbildungen : Torsten Nienaber, © Wiedenbrücker Schule Museum