<< < Station: [110] Kunst auf dem Holzweg


Holzwurm:

Hmm… lecker! Echte, gut abgestandene Eiche… das reinste Schlaraffenland!

Oh! Erwischt! Hallo kleiner Junge. Du guckst ja so streng?

Josef:

Na klar gucke ich streng. Kann es sein, dass du die Statue hier zerfrisst? Das ist Kunst!

Holzwurm:

Eine Statue? Kunst? Hmm… Das kommt auf die Perspektive an. Für mich ist es feinstes Eichenholz… etwas fest im Biss, aber trotzdem deliziös! Ich bin doch der Holzwurm, ich kann nicht anders!

Josef:

Ja, aber lieber Holzwurm, das ist ja sehr schön, dass du dich so wohlfühlst im Holz. Aber mit Deinem Gefuttere machst du die Kunstwerke kaputt!

Holzwurm:

Gar nicht… also nur ein ganz kleines Bisschen. Ich steche mich rein – ja, zugegeben, dann sieht man ein kleines Loch. Aber danach – schwupps! – bin ich auf Nimmerwiedersehen verschwunden und richte es mir wohlig in dem schönen Holzblock ein… und grabe Gänge und noch mehr Gänge…

Josef:

Also, ich würde vorschlagen, du kommst jetzt sofort da raus, aus deinen Gängen…

Holzwurm:

Ausgeschlossen! Ich wohne hier schon ziemlich lange, um nicht zu sagen, ich habe hier schon gewohnt, als dieses Stück Holz noch gar kein Kunstwerk war!

Das ist Gewohnheitsrecht!

Josef:

Wirklich?

Holzwurm:

Ja! Ich hatte gerade ein kleines Nickerchen gemacht, als ich eines Tages merke, wie mein Baumstamm angehoben, durchgeschüttelt und weggetragen wird. Einfach so! Irgendwann hat man mich… also meinen Baumstamm… mitten in Wiedenbrück auf dem Marktplatz abgestellt, ein Zelt darum gebaut und dann kam ein Künstler! Mit einer Kettensäge! Seine Aufgabe war es, in wenigen Tagen ein Kunstwerk aus dem Baumstamm zu machen. Und ich kann dir sagen: Er war nicht zimperlich! Er hat gesägt und gehobelt und geklopft was das Zeug hielt und ich hatte alle Mühe, mich immer tiefer in dieses feste Holz hineinzufressen. Manchmal war er mir um Millimeter auf den Fersen! Zum Glück bin ich ja sehr erfahren im Fressen und habe es immer mit allerletzter Not noch geschafft, ihm zu entkommen.

Und nach ein paar Tagen sagt er: So, fertig! Und ich so: Wie? Was fertig? Da hatte er aus meinem schönen Baumstamm… ein Kunstwerk gemacht. Und die Leute sind gekommen und haben es bewundert und ah! und oh!… und irgendwann wurde ich dann wieder angehoben und wieder weggetragen… hierher!

Josef:

In den Flora-Westfalica-Park?

Holzwurm:

Jau! Und hier stehe ich jetzt. Mit anderen Baumstämmen… also anderen Kunstwerken, die übrigens auch alle bewohnt sind. Rechts von mir wohnt Splinti, der Braune Splintholzkäfer…

M:

Hallöchen!

Holzwurm:

… und in der Statue links der alte Hausbockkäfer, der ist aber meistens schlecht gelaunt. Und die sind auch alle mit ihren Kunstwerken hierher gekommen. Wir leben hier seit Jahren friedlich und in guter Nachbarschaft. Und wir tun niemandem etwas zuleide.

Josef:

Na, dann ist das wohl in Ordnung, dass ihr hier wohnt.

Holzwurm:

Ja, genau! Wir gehören dazu!

 

Alle Abbildungen : Torsten Nienaber, © Wiedenbrücker Schule Museum