
Andreas Gursky in New York – Ein faszinierendes Spiel der Bilder und Zeiten
In der aktuellen Soloausstellung „Inherited Images“ in der renommierten Sprüth Magers Gallery in New York präsentiert Andreas Gursky ein beeindruckendes Dialogfeld zwischen zeitgenössischer Fotografie und den „Alten Meistern“ der Kunstgeschichte. Mit monumentalen, hyperdetaillierten Werken, die unsere moderne Welt in überquellenden Kompositionen festhalten, lädt der Fotograf Gursky seine Besucher dazu ein, sowohl die Einflüsse vergangener Epochen als auch die Herausforderungen unserer Gegenwart neu zu entdecken.
Zeitgenössische Perspektiven im Spiegel der Geschichte
Andreas Gursky, bekannt als einer der wichtigsten Fotografen seiner Generation, untersucht in dieser Ausstellung globale Themen wie Globalisierung, Konsumtion und soziale Phänomene. Seine großformatigen Aufnahmen stehen in einem faszinierenden Dialog mit klassischen Werken von Malern wie Pieter Bruegel dem Älteren, J.M.W. Turner und Carl Gustav Carus. Durch die Gegenüberstellung entstehen spannende Vergleiche: So begegnet Gurskys Bild „Eisläufer“ (2021) Bruegels Winterlandschaft – beide zeigen die Härte des Winters und den menschlichen Überlebenskampf. Gleichzeitig rückt Gursky aktuelle Ereignisse ins Bild, etwa die unterschwellige Referenz auf die soziale Distanzierung während des Coronavirus-Lockdowns.
Provozieren und Beruhigen zugleich
Die Ausstellung geht aber weit über reine Zeitvergleiche hinaus. Mit Arbeiten wie „Lützerath“ (2023) thematisiert der Künstler den globalen Kampf für Ökologie und gegen fossile Brennstoffe und scheut nicht davor zurück, die dramatischen Folgen von Umweltzerstörung und politischem Konflikt ins Auge zu fassen. Hier verschmelzen die visuellen Spuren alter Gemälde, wie Bruegels Darstellung des Kampfes zwischen Gut und Böse in „The Fall of the Rebel Angels“ (1562), mit den harten Realitäten unserer Zeit.
Romantische Anklänge und die Erfahrung des Erhabenen
Der Einfluss der Romantik zeigt sich eindrucksvoll in Gurskys Arbeiten. Mit Werken wie „Maldives“ (2023) und „Mülheim a. d. Ruhr, Angler“ (1989) schwingt die Erinnerung an die romantische Darstellung des Erhabenen mit – jener Mischung aus Schönheit und drohendem Untergang, die Turner und Caspar David Friedrich prägten. Auch in „Aletsch Glacier II“ (2024) wird die dramatische Veränderung der Natur durch den Klimawandel thematisiert – eine visuelle Verschmelzung von Vergangenheit und Gegenwart, die die Vergänglichkeit (hier entsteht ein Bezug zum Vanitas Begriff der Alten Meister) und den steten Wandel unserer Umgebung eindrucksvoll dokumentiert.

Eine Bildwelt der Kontraste
Ein weiterer spannender Aspekt der Ausstellung ist Gurskys Auseinandersetzung mit dem Vergänglichen und der Endlichkeit. In Werken wie „Schweine I, II und III“ (2020) wird der Kontrast zur oft idealisierten Darstellung von Natur und Landschaft deutlich. Gursky verbindet hier eine kühne, moderne Bildsprache mit der symbolträchtigen Welt der Vanitas-Malerei, in der Vergänglichkeit und Moral thematisiert werden. So eröffnet sich dem Betrachter ein vielschichtiges Bild, das einerseits den Optimismus der Aufbruchsstimmung unserer Zeit widerspiegelt und andererseits zur Reflexion über unsere Beziehung zu Natur und Zeit anregt.
Die Galerie
Die Sprüth Magers Galerie zählt zu den international renommierten Adressen in der zeitgenössischen Kunstwelt. Mit mehreren Standorten – unter anderem in New York, Berlin, London und Los Angeles – präsentiert die Galerie innovative Ausstellungen, in denen sowohl etablierte als auch aufstrebende Künstler vertreten sind. Ihr kuratorisches Programm zeichnet sich dadurch aus, dass es klassische und moderne Bildsprachen miteinander verknüpft und so immer wieder spannende Perspektiven auf gesellschaftliche, kulturelle und politische Themen eröffnet.

Fazit
Die Ausstellung „Inherited Images“ ist ein stimmiger Beweis dafür, wie sehr sich zeitgenössische und historische Bildwelten gegenseitig beeinflussen. Andreas Gursky gelingt es, zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu vermitteln und das kollektive kulturelle Gedächtnis in einem geschickten visuellen Dialog neu zu beleben. Für Kunstliebhaber und Kulturinteressierte bietet diese Präsentation nicht nur ästhetische Genüsse, sondern auch reichlich Stoff zum Nachdenken über die Rolle der Bilder in unserer Wahrnehmung der Welt.
Die Ausstellung lief vom 14. März bis 19. April 2025 in der Sprüth Magers Gallery in New York – ein absolutes Muss für alle, die sich für zeitgenössische Kunst und ihre historischen Bezüge begeistern.
Quelle:
https://spruethmagers.com/exhibitions/andreas-gursky-new-york
Bildnachweis:
Photo: Alexander Romey
Der Sturz der rebellierenden Engel, Pieter Bruegel der Ältere, 1562