„Verrückt nach
Angelika Kauffmann“
verlängert bis
20. September 2020

Pressemitteilung Museum Kunstpalast Düsseldorf, Mai 2020

KUNSTPALAST
Ehrenhof 4-5, 40479 Düsseldorf
www.kunstpalast.de

Mit „Verrückt nach Angelika Kauffmann“ widmet der Kunstpalast der berühmtesten Künstlerin im Zeitalter der Aufklärung und Empfindsamkeit eine große Überblicksausstellung. Unter den etwa 100 Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen werden etliche erstmals öffentlich gezeigt. Auch Druckgrafik und Kunsthandwerk nach Motiven der Künstlerin lassen eine Zeit aufleben, in der es hieß: „The whole World is angelicamad“ –„Die ganze Welt ist verrückt nach Angelika“.

Die von ihrem Zeitgenossen J. G. Herder als die „vielleicht kultivierteste Frau in Europa“ beschriebene Angelika Kauffmann (Chur 1741–1807 Rom) war eine europaweit vernetzte und weltoffene Künstlerin des Klassizismus. Anerkannt für ihr künstlerisches Talent und ihre umfassende Bildung, durchlief sie eine für Frauen damals beispiellose Karriere. Schon in jungen Jahren als musisches Wunderkind gepriesen, wurde Kauffmann auch früh für ihre Malerei bewundert. Nach ihrer künstlerischen Aus­bildung in Italien in den Jahren 1759 bis 1766 erlangte sie in London, protegiert vom englischen Adel, als Historien- und Bildnismalerin große Berühmtheit. Nach fünfzehn produktiven Jahren in London eröffnete die gefragte Porträtistin 1782 in Rom eines der bestbesuchten Ateliers ihrer Zeit. Kauffmanns Weltgewandtheit, ihr Geschäftssinn und der von ihr geführte künstlerische Salon, in dem sich ein internationaler Kreis von Auftraggebern und Freunden traf, machten sie zu einer europäischen Größe.

„Ich freue mich, dass wir diese zu ihrer Zeit weltbekannte Malerin im Zusammenhang mit neuen Forschungserkenntnissen zeigen können“, betont Felix Krämer, General­direktor Kunstpalast. „Kauffmanns kunsthistorischer Stellenwert wird auch dadurch unterstrichen, dass die Ausstellung anschließend in der Royal Academy of Arts in London zu sehen sein wird. Die Künstlerin, die 1768 zu den Gründungsmitgliedern dieser traditionsreichen Institution gehörte, wird dort erstmals mit einer eigenen Werkschau gewürdigt.“

Angelika Kauffmann galt als „Raffael unter den Künstlerinnen“, so Giovanni G. de Rossi in seinen noch zu Lebzeiten über Kauffmann veröffentlichten Schriften. Von Angehö­rigen der Hocharistokratie, des Adels und Bürgertums sowie der geistigen Elite Europas erhielt sie zahlreiche Aufträge. Zu ihren Mäzenen gehörten unter anderem Joseph II., Kaiser von Österreich, und die russische Zarin Katharina die Große.

„Viele von Kauffmanns Werken galten als stilprägend und lösten einen regelrechten ‚Kauffmann-Kult‘ aus“, hebt die Kuratorin Bettina Baumgärtel hervor. „Ihre wegweisen­den Historienbilder, ihre glanzvollen Porträts, ihre literarischen und mythologischen Szenen geben einen umfassenden Einblick in eine Epoche, die gleichermaßen von der Vernunft wie auch von der Empfindsamkeit geprägt war.“

Noch vor Erscheinen des Werkverzeichnisses, das die Kuratorin im Rahmen des Angelika Kauffmann Research Project (AKRP) vorbereitet, stellt die Ausstellung Ergebnisse ihrer Forschung vor und beleuchtet Fragen zur Selbstinszenierung der Künstlerin sowie zu dem Frauen- oder Männerbild, das Kauffmann in ihren Porträts und Historienbildern prägte.

Der Rundgang durch die in neun Kapitel gegliederte Ausstellung kennzeichnet die österreichisch-schweizerische Künstlerin als Europäerin „avant la lettre“ und thema­tisiert zu Beginn ihre Ausbildungszeit in Italien. Ihr dort entstandenes Bildnis des Altertumsforschers Johann Joachim Winckelmann (1764, Kunsthaus Zürich) fördert die europaweite Bekanntheit der jungen Malerin.

Der anschließende Ausstellungsbereich Blütezeit in England fokussiert die Strategien der geschäftstüchtigen Malerin im Umgang mit den Angehörigen des englischen Hofes und deren Patronage. Das Kapitel Die Porträtmalerin als Modemacherin zeigt, dass sich Kauffmann neben den englischen Porträtisten Joshua Reynolds und Thomas Gainsborough zwischen 1766 und 1781 zur gefragtesten Malerin auf dem britischen Porträtmarkt entwickeln konnte. „Der englischen Kunst gab sie wichtige Impulse und trug zudem zur Erneuerung der Historienmalerei bei“, erläutert Bettina Baumgärtel. „Indem sie Reynolds Konzept des ,historicizing portrait’, zu Deutsch Rollenbildnis, adaptierte, die Van-Dyck- oder Orient-Mode aufgriff und die antikisierende Kleidung zur Mode erhob, galten ihre Porträts als besonders ‚fashionable‘.“ Junge Frauen der höheren Gesellschaft und einflussreiche Vertreterinnen des Hofes gehörten zu den ersten, die Kauffmann in England porträtierte.

Ein weiteres Kapitel ist den in England entstandenen Historiengemälden gewidmet. Dank ihres Sinns für Marketing, Image- und Kundenpflege war Kauffmann so erfolg­reich, dass sie sich einem eigenen künstlerischen Interesse widmen konnte: der Historienmalerei. Mit ihren einfigurigen Historienbildern entwickelte sie sich zu einer Wegbereiterin der Empfindsamkeit.

Um der großen Nachfrage ihrer Kunst gerecht zu werden, bediente sich die Malerin der Reproduktionsgrafik: Kupferstecher aus ganz Europa trugen zur Popularisierung und massenhaften Verbreitung von Kauffmanns Kunst bei. Darüber hinaus fanden ihre Motive sich ab den 1770er-Jahren als Dekor auf Porzellan, Fächern, Tabakdosen, Tapeten und Textilien wieder.

Das Herzstück der Ausstellung im Kunstpalast bilden die vier Deckengemälde, welche die Malerin 1778 bis 1780 für die Royal Academy of Arts, gefertigt hat. Erstmals werden diese Hauptwerke, die damals im Somerset House angebracht wurden, sich aber heute im Vestibül des Burlington House befinden, außerhalb von London ausgestellt. Das Kapitel problematisiert das Verbot für Künstlerinnen, an Akademien ausgebildet zu werden und zeigt die außergewöhnliche Situation von Angelika Kauffmann, ausnahmsweise als Frau zum Mitglied an fünf Kunstakademien ernannt worden zu sein.

Nach ihrer Heirat mit dem venezianischen Vedutenmaler Antonio Zucchi 1781 kehrte Kauffmann nach Rom zurück. Sowohl ihr Vater als auch ihr Mann arbeiteten ihr als Assistenten zu. Das Kapitel Rom, Residenz der Künste beleuchtet Kauffmanns Bezie­hungen zu neuen, höchsten Kreisen des Adels und zu den Künstlerkollegen wie Antonio Canova. In dieser Zeit malte die Künstlerin ihre bedeutendsten Historien­gemälde, einige davon werden erstmals gezeigt. In diesen werden Frauen als Heldin­nen in den Mittelpunkt gestellt. Die starken Frauenfiguren prägten entscheidend das neue Weiblichkeitsideal der Aufklärung.

Einen weiteren Höhepunkt der Ausstellung bildet das Kapitel Der Parnass der Musen. Hier werden die besten Beispiele expressiver Bildnisse aus der Hand der Künstlerin vorge­stellt, in denen Schauspielerinnen und Dichterinnen, die im Salon von Kauffmann aufgetreten sind, als Musen porträtiert wurden.

Der Rundgang schließt mit einem Blick auf Kauffmanns Religiöses Spätwerk. Gezeigt wird die letzte religiöse Historie David und Nathan (um 1806/07, Bregenz, voralberg museum), die während ihres prunkvollen Begräbnisses in Rom mit ihrem Sarg mit­geführt wurde. In diesem Gemälde zeigt sich exemplarisch Kauffmanns Rückbesin­nung auf die Meister des italienischen Barock.

Den Ruhm, den Angelika Kauffmann am Ende ihres Schaffens erlangt hatte, ist an zwei in der Ausstellung präsentierten Bildnis-Büsten ablesbar, die ihr zu Ehren für die Präsentation im Pantheon und in der Walhalla geschaffen wurden.

Dank der großen Kollegialität der an der Ausstellung beteiligten Museen, Galerien und privaten Leihgeber ist es möglich, die Werkschau von Angelika Kauffmann in Düsseldorf bis 20. September 2020 zu präsentieren. Dieses gilt auch für die Leihgabe von Queen Elizabeth II.
Die Royal Academy in London als weitere Station der Ausstellung musste im Zusammenhang mit der Corona-Krise die Übernahme der Schau absagen. Die Institution ist bis auf Weiteres geschlossen.


Der Museumsblog uses Accessibility Checker to monitor our website's accessibility.

Nach oben scrollen