Inmitten des europaweit einmaligen, denkmalgeschützten Geländes der ehemaligen Norddeutschen Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei (NW&K – landläufig „Nordwolle“ genannt) präsentiert das Nordwestdeutsche Museum für IndustrieKultur in zwei Häusern die Delmenhorster Industrie- und Stadtgeschichte.
Das Fabrikmuseum zeigt auf rund 2300 qm Fläche die wechselhafte Entwicklung der Nordwolle und erschließt in vielfältiger Weise das umliegende ehemalige Fabrikgelände.
Der 1884 von der Bremer Unternehmerdynastie Lahusen gegründet Textilkonzern wuchs bis in die 1920er Jahre zu einer weltweit tätigen Firma. Diese steht exemplarisch für zentrale Aspekte der Industrialisierung und deren Folgen im 19. und 20. Jahrhundert.
In historischen Gebäuden führt die Ausstellung durch die Geschichte der NW&K. Zum Teil noch funktionstüchtige Maschinen und zahlreiche Originalobjekte veranschaulichen Produktionsablauf, betriebliche Organisation und den Arbeitsalltag der Beschäftigten.
Einen besonderen Schwerpunkt der Präsentation des Museums bildet der spektakuläre Zusammenbruch des Nordwolle-Konzerns 1931, der zu Jahren der Not in der deutschen Finanz- und Wirtschaftskrise führte. Die folgende Entwicklung bis zur endgültigen Betriebsstillegung 1981 und die anschließende Umwandlung der Industriebrache zu einem lebendigen Stadtteil von Delmenhorst sind ebenfalls Thema der Ausstellung.
Das Turbinenhaus von 1902 – frühere Kraftzentrale und imposante „Kathedrale der Arbeit“ – wird regelmäßig für Sonderausstellungen, Konzerte und Theateraufführungen genutzt. Dieser Ort mit seiner einmaligen Atmosphäre kann für Veranstaltungen und Trauungen gemietet werden.
Das Stadtmuseum im Gebäude der früheren Lichtstation von 1884 lädt zu einer Zeitreise durch mehrere Jahrhunderte ein. Beginnend mit der Gründung der Burganlage im Mittelalter bis zur Entwicklung im 20. Jahrhundert wird die Delmenhorster Stadtgeschichte erlebbar.
Entlang typischer regionaler Berufe wie Korkenschneider und Zigarrenmacher zeigt die Dauerausstellung den Übergang vom Ackerbürgerstädtchen zum größten Industriestandort des Oldenburger Landes. Die aufwendig nachinszenierte Rekonstruktion des Anker-Linoleumpavillons, den Peter Behrens für die 1905 gezeigt Oldenburger Landesausstellung entworfen hat, steht symbolisch für den Aufbruch der Stadt in die Moderne.
Delmenhorst war schon früh ein zentraler Ort im Zusammenhang von Wanderungsbewegungen im Nordwesten. Die Ausstellung zu diesem Thema spannt den Bogen von der Auswanderung nach Nordamerika ab 1830, über die Arbeitsmigration im Kontext der Industrialisierung bis hin zur Flucht und Vertreibung im Zweiten Weltkrieg und den folgenden „Aussiedlern“ seit 1985.
Ein weiterer Ausstellungsbereich widmet sich der Stadtgeschichte zur Zeit des Nationalsozialismus.
Der Nachbau eines Delmenhorster Kiosks mit einer für 1957 typischen Ausstattung, verkörpert das nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzende Wirtschaftswunder.
Neben den Ausstellungen bietet das Museum einen attraktiven Rundgang über das Nordwolle-Areal an. Wer noch mehr Zeit und Interesse hat, sollte sich die Museumsmühle in Hasbergen anschauen.
Ankerpunkt der regionalen sowie der europäischen Route der Industriekultur (ERIH) und Außenstandort der EXPO 2000